Bereits die Benediktsregel aus dem 6. Jahrhundert machte Kleidervorschriften. Was ursprünglich Grundbedürfnisse des Alltags abdecken sollte, entwickelte sich zu einer Ordenstracht, die sich von Kloster zu Kloster unterscheidet. Doch es geht um mehr als äusserliche Abgrenzung.
Ausserhalb der Klostermauern fallen Mönche und Nonnen auf. Der Grund: der klösterliche Habit, die Ordenstracht. Im heutigen Alltag sieht man allerdings nur noch selten geistliche Personen in entsprechender Kleidung. Die Benediktiner tragen traditionell eine schwarze «Tunika» mit einem «Zingulum», einem Gürtel in der Taille. Darüber trägt der Mönch einen Überwurf, ein sogenanntes Skapulier. Bei den Ordensfrauen kommt noch ein Schleier hinzu, der je nach Kloster auf das zum Teil sichtbare Haar aufgesteckt wird oder die Haare ganz bedeckt. Da die Gewänder keine Massenware sind, sondern meist in den Klöstern selbst angefertigt werden, gibt es auch innerhalb der Orden Unterschiede.
Zwei schwarze Knöpfe für Muri-Gries
In Gries in Südtirol wird der Habit noch heute im Kloster genäht. Früher war die Schneiderarbeit in der Hand von Laienbrüdern, heute kümmert sich eine Schneiderin um die Kutten, die sie aus schwarz gefärbter Baumwolle anfertigt. Die Kutten sind innerhalb einer Kongregation – hier ist es die Schweizerische Benediktinerkongregation – ähnlich im Schnitt, unterscheiden sich aber durch Feinheiten. «Die Mönche von Muri-Gries erkennt man an den zwei schwarzen Knöpfen am Ärmel. Andere Schweizer Klöster haben diese nicht», sagt P. Benedikt Staubli, Prior in Sarnen.
Doch was ist der Sinn einer einheitlichen Kleidung, und gibt es dafür heute noch Vorschriften, wann diese zu tragen ist? «Mit dem Habit ist es ähnlich wie bei einer Uniform: Die einheitliche Kleidung schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit und Identität.» Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Kutte im Alltag durchweg getragen, heute ist sie primär für Gottesdient und Gebet sowie für das gemeinsame Essen ein Gebot. Ansonsten ist es jedem Mönch selbst überlassen, wann er die Kutte trägt, sagt P. Benedikt. «Gerade jüngere Mönche möchten sie aber wieder vermehrt anziehen.»
Benedikt legte die Basis
Bereits der heilige Benedikt bestimmte in seiner Regel auch die Kleidungsstücke für die Mönche und nannte «Kukulle, Tunika, Socken, Schuhe, Gürtel» als Bestandteile der Gewandung eines Mönchs. Dabei ging es noch lediglich darum, bescheidene Grundbedürfnisse der Kleidung mit damals üblichen Stücken zu decken. Daraus entwickelte sich die benediktinische Ordenstracht, die in Darstellungen aus dem Mittelalter bereits den heutigen Kutten ähnelt. Kleidung erlaubt es, sich gesellschaftlich abzugrenzen. Besonders deutlich ist dies beim Habit der Mönche und Nonnen.
Textiles Kulturgut und seine Bewahrung
Auch für liturgische Feiern, also im Gottesdienst oder bei Prozessionen, etablierten sich spezielle Kleider und damit verbundene Riten. Die ältesten liturgischen Gewänder aus dem Kloster befinden sich heute in Muri im Besitz der katholischen Kirchgemeinde.
Die Kunsthistorikerinnen Carmela Kuonen Ackermann und Susanne Ritter-Lutz haben die zum Teil über 300 Jahre alten sogenannten Paramente, zu denen liturgische Kleidungsstücke gehören, im Priorat Sarnen inventarisiert und auf ihren kunsthistorischen Wert geprüft. Sie sind sich einig: «In Muri ist die Vollständigkeit des Bestandes an liturgischen Gewändern, insbesondere für das 18. Jahrhundert und die Zwischenkriegszeit, bemerkenswert.»
Die Restaurierung der liturgischen Gewänder ist aufwändig und mit grossen Kosten verbunden. Insbesondere die prachtvoll ausgestatteten Mitren, die Kopfbedeckungen für Äbte, sowie die Kaseln bedürfen grosser Aufmerksamkeit bei der Bearbeitung. Spezialistinnen und Spezialisten wie Lou Laurent, Studentin an der Haute Ecole Arc (HE-Arc) in Neuchâtel im Lehrgang für Konservierung und Restaurierung, restaurieren die vielen Details aus Textil, Metall und Glas mit höchster Sorgfalt.
Stilvolle Praxis
Habit kommt aus dem Lateinischen «habitus» und bedeutet nicht nur Gestalt, sondern auch Haltung. Und diese ist beim Tragen von Kutte und liturgischen Gewändern fast ebenso wichtig wie die Kleider selbst. So erfordert es besonderes Geschick, mit den langen Kutten eine Treppe hochzusteigen oder mit den üppig geschmückten Kaseln auf einem Stuhl Platz zu nehmen.
Der Umgang mit diesen Gewändern wurde den jungen Mönchen einst beim Klostereintritt beigebracht, heute werde aber viel weniger Aufmerksamkeit auf einen angemessenen rituellen Umgang mit den Textilien gelegt, sagt P. Benedikt. Dabei ist er überzeugt: «Mit würdiger Haltung einen Gottesdienst zu gestalten, ist nicht eine Frage von konservativer oder progressiver Einstellung, sondern eine Frage des Stils.»
Zudem hätten die Riten und die verschiedenen Kleidungsstücke auch praktische Ursprünge, erzählt P. Benedikt. Beim Einzug im Gottesdienst zu «schreiten» erlaube beispielsweise ein gleichmässiges Tempo, es entstehe kein «Handorgeleffekt» in der Gruppe. Abnehmbare Schultertücher andererseits dienten der Hygiene, da so die wertvollen liturgischen Gewänder nicht direkt in Hautkontakt stünden. Aus Wertschätzung trägt P. Benedikt zu festlichen Anlässen zuweilen immer noch die barocken Kaseln. Damit führt er eine klösterliche Tradition weiter, die textiles Kulturgut ebenso würdigt wie rituelle Bewegungsabläufe.